Wildmarkabenteuer-Nordschweden

          Besuch beim Samen Börje in Släppträsk!

In Schweden leben heute noch etwa 20 000 Samen, der Großteil im nördlichen Bereich des Landes. Jedoch arbeitet nur noch ein Bruchteil davon in der traditionellen Rentierzucht, die einzig dieser Urbevölkerung vorbehalten ist. Es gibt im nördlichen Teil Schwedens noch 51 Samendörfer- so genannte Samebyar- und eines davon gehört zur Kommune Malå mit geschätzten 5000 Rentieren. Einer dieser Rentierzüchter und Rentierhalter ist Börje aus Släppträsk, der ein Familienmitglied einer alt eingesessenen Samenfamilie ist. Wir durften ihn kennen lernen als einen sehr gastfreundlichen und aufgeschlossenen Menschen. Er unternimmt das ganze Jahr über Wanderungen mit seinen Rentieren in die nordische Wildmark, läßt seine Gäste Teil haben an dieser fantastischen Natur und er erzählt viel über das traditionelle Leben als Rentierzüchter und über seine mit der Natur verbundene Lebensweise.

Wenn auch in der Rentierzucht die moderne Technik nicht Halt gemacht hat, so werden von ihm noch alle Arbeiten traditionell ausgeführt. Das Rentier liefert ihm Fell, Haut und Horn, das zu Schmuckstücken und Messergriffe verarbeitet wird. Das Fleisch wird gesalzen, geräuchert und an der Luft getrocknet oder es kommt als Frischfleisch auf den Tisch oder in den Handel. Ein kleiner Teil seiner Herde wird von ihm gezähmt und als Last-, Zug- und Wandertiere eingesetzt.

Von Börje erfahren wir auch, dass noch 12 Familien in der Region rund um Malå Rentierzucht betreiben und durch diese Tierhaltung ein einigermaßen geregeltes Einkommen erzielen. Es ist ein Zusammenschluss aller Waldsamen in diesem Gebiet, den sogenannten “Skogsamen“. Aber auch in den Weiten Lapplands hat der Klimawandel Einzug gehalten. Gefrierender Regen auf eine dicke Schneedecke, dann wieder Tauwetter im Dezember und Januar mit anschließendem extremem Frost, der aus der Konsistenz des Schnees einen Eispanzer entstehen lässt, hindern die Rentiere daran, an ihre Grundnahrung unter dieser Eisschicht zu gelangen. Es ist für diese genügsamen Geschöpfe fast unmöglich, durch scharren mit ihren Klauen Rentierflechte, Moos oder Beerensträucher frei zu legen. So muss Börje immer öfter zufüttern und, da es in Schweden nicht erlaubt ist, Rentiermoos in den Wäldern zu ernten, die Grundnahrung für seine Tiere aus Finnland importieren. Eine große, finanzielle Belastung für die Rentierzüchter.

Rentiere sind äußerst genügsame und anspruchslose Herdentiere, deren Statur, das dichte Fell mit Unterwolle und die übergroßen Klauen perfekt dem arktischen Klima angepasst sind. Aber klirrende, Monate lang anhaltende Kälte verlangen auch diesem bescheidenen Paarhufer letzte Energiereserven ab. Ihre Körperhaltung und ihr Benehmen spiegeln dann die Nöte einer kargen, unbarmherzigen Natur wider. Ist es die Mückenplage im Sommer, unermüdlicher Kraftaufwand im Winter für die Nahrungssuche oder die Schwere und Trostlosigkeit des endlosen Raumes in den nicht endenwollenden Polarnächten- diese wunderschönen Geschöpfe trotzen auch den widrigsten Gegebenheiten einer manchmal unerbittlichen, nordischen Natur.

Weil Rentiere nicht lange an einem Platz weiden, sind sie ständig auf Wanderung. Ab Mai, wenn der Frost den Boden frei gibt und die Wärme der Sonne die Meter dicke Schneedecke zum schmelzen brachte, werden die Rentiere von den Wintereinstandsgebieten im Osten zu den Sommerweiden in den westlichen Gebieten getrieben. Viele Samen begleiten sie zum Teil noch und treiben die Herden mit Motorschlitten und Quads, halten die Tiere so zusammen. Aber es kommen auch schon große Transport- LKWs zum Einsatz, um die Zugzeiten wesentlich zu verkürzen. Im September werden die Tiere wieder in Scheidegehegen zusammen getrieben, nach Familienbesitz getrennt, junge Tiere markiert und etwa ein Drittel der meist männlichen Tiere der Schlachtung zugeführt. Weil Rentierfleisch sehr mager ist und reich an Mineralstoffen, gilt es als Spezialität , für die ein recht hoher Preis erzielt wird.

Erleben Sie den Zauber samischer Kultur auf dem Gehöft von Börje in Släppträsk und begleiten Sie ihn auf einer Wanderung mit seinen zahmen Rentieren in die Weite und Stille nordischer Wintereinsamkeit. Der Rentierzüchter zeigt Ihnen sein weitläufiges Rentiergehege, in das die Tiere zur Kälbermarkierung und Rentierscheidung im Frühjahr und Herbst getrieben werden. Sie lernen in seiner am See gebauten Kota die samische Esskultur kennen, die eng mit der unberührten Natur des Landes verknüpft ist. Samische Küche ist einfach und so zaubert Börje in kurzer Zeit liebevoll auf der Muurika ein typisches samisches Gericht. Kleine, mandelförmige Kartoffeln, zerkleinerte Zwiebeln und in dünne Streifen geschnittenes Rentierfleisch bilden den Grundstock für dieses pikante Mahl. Alle Zutaten werden auf der Muurika in zerlassener Butter angebraten und langsam geröstet und zum Schluss mit Gewürzen und Sahne verfeinert. Als schmackhafte Beilage reicht Börje Salat, Kompott von Preiselbeeren und Tunnbröd, ein aus Roggen- und Weizenmehl, Salz, Wasser und Butter gebackenes Fladenbrot. Sie werden begeistert sein von dieser einfachen und doch delikaten Köstlichkeit. Und Sie werden Börje dann auch besser verstehen, wenn er Ihnen erzählt, dass die Rentierhaltung eine Form des Lebensunterhaltes ist, die in Lappland seit Jahrhunderten praktiziert wird und dass dabei das Rentier als Fleischlieferant in der samischen Küche einen wesentlichen Bestandteil darstellt.


.....Dieses Bild im nordischen Urwald kann mit nichts verglichen werden. Hier herrscht das Ren, hier ist sein Reich. Unter den Kiefern und Fichten quillt im Sommer das Moos, das seine Hauptnahrung ist. Und damit gibt es sich zufrieden. Es will Rentiermoos und ein paar Kräuter und Flechten, die in dieser Wildnis in ungeheuren Mengen wachsen. Es will im Winter nicht einmal Wasser zum Schöpfen, denn es genügt ihm Schnee. Wenn es durstig ist, nimmt es den Schnee. Schnee ist ihm Trinkwasser. Man sieht, wie die Tiere ihre Nahrung aus dem tiefen, verharschten Schnee schlagen, sich so tief einschieben, dass der ganze Leib in diesen Schneetrichtern verschwindet. Man sieht sie wandern, einem unbewußten Triebe folgend, und wenn dann die Herden weiter gezogen sind, dann verraten nur noch frei geschlagene Schneestellen und die großen Fährten von der Anwesenheit dieser genügsamen Tierart....

Textauszug aus meinem Buch: Wildmarkzauber- Ein Jahr in Nordischer Wildnis.

Der norwegische Schriftsteller Paulus Utsi schreibt:

So lange wir Wasser haben, worin Fische leben;

So lange wir Land haben, worauf unsere Rentiere wandern und weiden können;

So lange wir Gebiete haben, wo die Wildnis sich versteckt- so lange haben wir Trost auf dieser Welt!






 

Jahreszeiten

Die einzige Urbevölkerung Europas, die Sami, teilen das Jahr in acht Jahreszeiten ein, die sie dem Lebenszyklus der Rentiere und dem Wechselspiel natureller Abläufe angepasst haben.

Der Winter ist die Zeit der Ruhe und der Enthaltsamkeit. In dieser Jahreszeit schützt eine Meter dicke Schneeschicht das Weideland der Rene und veranlasst die Tiere, sich nur langsam zu bewegen, um nicht unnötig Energie zu verschwenden.

Im Spätwinter werden die Tage schon wieder länger und heller. Die Natur erwacht behutsam zum Leben. Auch die Renkühe tragen neues Leben in sich.

Der Frühling verzaubert Tage und Nächte mit Helligkeit und erweckt die Natur zu üppigem Grünen und Blühen. Rentierkälber wagen ihre ersten Schritte und sammeln Kräfte für ihre erste bevorstehende Wanderung.

Im Frühsommer schmücken sich Wälder, Moore und Fjälle mit den zartesten Farben. Alles will wachsen, alles will blühen! Die ersten Mückenschwärme treiben die Renkühe mit ihren Kälbern in höher gelegene Regionen, wo die Jungtiere im Schutz der Herde heran wachsen können.

Im Sommer prangt und prahlt die Natur und versorgt die Rentiere mit den leckersten Gräsern, Kräutern, Flechten und Moosen. Jetzt ist die Zeit, in der sich die Tiere Fettreserven anlegen für die langen, entbehrungsreichen Wintermonate, wenn ihr Energiehaushalt nur noch auf Sparflamme gehalten wird.

Der Spätsommer deckt Menschen und Tieren noch einmal reichlich den Tisch mit einer Vielzahl von Beeren und Pilzen, bevor die Natur beginnt, sich auf den nahenden Winter vorzubereiten. Jetzt ist in den Wäldern die große Erntezeit angebrochen.

Im Herbst treten die ersten Nachtfröste auf. Blätter, Nadeln und Gräser schmücken sich noch einmal mit den erlesensten Farben. Die Tage werden kürzer, die Dunkelheit wird intensiver und gibt eine erste Vorahnung auf die lange Polarnacht.

Der Frühwinter ist geprägt von Stille und dem Warten auf die bevorstehenden Schneestürme und die lange Dunkelheit. Die Rentiere suchen ihre Wintereinstandsgebiete auf. Klare kalte Nächte mit einem grandiosen Sternengefunkel und magischen Polarlichtern am Himmel begleiten die Rentierherden auf ihren unsteten Wanderungen.